Corporate Culture goes Buddhism

Wertschätzung, Selbstreflexion, emotionale Intelligenz, 360 Grad Feedback, Coaching, Achtsamkeit und vieles mehr findet man in immer mehr Unternehmen. Google, Apple und Ebay leben es mit Meditationsräumen, Achtsamkeitstrainings, Reflexions-Labyrinthen vor, doch auch immer mehr kleine Start-ups und „normale“ KMUs ziehen nach. Dass diese Ansätze jedoch buddhistischen Werten entspringen, daran hätte niemand gedacht. Weil: wenn Religionen andere Religionen ablösen, dann geschieht das eher mit Krach, Krieg und Zwang. Aber die buddhistischen Werte schleichen sich eher heimlich in unsere Unternehmenskulturen. Warum gerade jetzt und was heißt das eigentlich?

Buddhistische Werte lösen christliche Werte in der Unternehmenskultur ab

Unsere Unternehmenskultur entstand aus der protestantistischen Arbeitsmoral. Dank dieser florierte nach Weber der Kapitalismus besonders gut und wir konnten uns zu einer Industriegesellschaft entwickeln. Hart zu arbeiten, fleißig zu sein und so viel Geld wie möglich anzuhäufen war (und ist) hoch angesehen. Das spiegelt sich auch in zahlreichen Sprichwörtern wieder. Man denke etwa an das Motto der protestantisch geprägten Schwaben: „Schaffe, schaffe, Häusle baue!“ Die Arbeit, das Schaffen, ist der eigentliche Lebenssinn. Wer es nicht zum eigenen Haus bringt, hat den Lebenssinn verpasst. Diese Werte waren damals natürlich sehr wichtig, um zu überleben. Jedoch wird diese Moral zu arbeiten und Geld anzuhäufen dank zunehmenden Wohlstands immer mehr hinterfragt. Denn dieser Lebenssinn macht uns Menschen nicht glücklich. Wir haben von Anfang an genug Geld (und müssen nicht ums Überleben kämpfen) und Geldanzuhäufen  bringt irgendwie nicht so das ersehnte Glück. Somit suchen wir anderweitig nach dem Glück. Buddhistische Werte kamen langsam mit Yoga und anderen spirituellen Weisheiten langsam zu uns rüber geschwappt. Das Anhäufen weltlichen Reichtums ist aus buddhistischer Sicht eher ein Zeichen von Faulheit. Wer weltlichen Reichtum anstrebt, ist zu faul und zu bequem, sich den eigentlichen Fragen des Lebens zu stellen. Buddha kam zu der Erkenntnis, dass Reichtum nicht zum Glück führt, sondern nur der Sinn. Da natürlich Arbeit notwendig ist, um auch in dem Wohlstand zu überleben, suchen wir sinnvolle und nützliche Arbeit. Denn wir haben die Hoffnung, dass sie uns einen Sinn im Leben gibt und uns somit auch glücklich macht. Nicht mehr nur Buddhisten fragen sich auf was ihre Arbeit und Handeln Auswirkungen haben - sondern auch ganz normale Menschen. Unternehmen die nur mit Karriere und hohen Gehältern locken sind nicht mehr so gefragt, sondern viel mehr nachhaltige Unternehmen die eine gemeinsame Vision verfolgen und in denen Wertschätzung und Feedback z.B. durch Mitarbeiterbefähigung im Vordergrund stehen. Im Buddhismus spielt  auch das Anzweifeln der Lehren Buddhas eine zentrale Rolle. Selbstreflexion und Reflexion im Allgemeinen sowie Feedback sind also wesentliche Bestandteile des Buddhismus. Auch auf die heutige schnelle Welt hat der Buddhismus eine klare Haltung. Es gibt kein dauerhaftes Sein, in jedem Augenblick ist alles schon wieder anders. Wandel und Veränderungen sind also etwas Akzeptiertes und gehören zur Lebenshaltung.

 

Aber wieso erst jetzt?

In einer VUCA Welt (volatile, uncertain, complex und ambiguous) scheinen Grenzen immer mehr zu verschwimmen. Menschen suchen immer mehr nach Orientierung: Was ist der Sinn meines Lebens, was macht mich glücklich? Wo gehöre ich hin? Besonders die Generation Y (zwischen 1980 und 1995 geboren) ist betroffen. Denn sie wächst mit Internet und Globalisierung auf und hat alle Möglichkeiten zu wissen, reisen und leben. Doch in all diesen Möglichkeiten, das Richtige zu finden ist schwer. Die Auswahl ist riesig und der Druck gleichzeitig hoch. Yoga, Selbstreflexion, Achtsamkeit, Meditation usw. ermöglichen mit einfachen Regeln Orientierung zur Selbstfindung. Der Buddhismus gibt hier klare Antworten: was ist Glück und Leid? Sinn rückt besonders bei der Generation Y immer mehr in den Mittelpunkt. Sie sucht eher nach einer sinnstiftenden Arbeit, statt hohen Hierarchiestatus und hohen Gehältern. Sinnvolle Arbeit und achtsamer Umgang sind wichtiger als Geld. Deshalb gewinnen hierarchiefreie, zusammenarbeitende Teamstrukturen (bspw. agiles Arbeiten, Holokratie, Laloux, usw.) immer mehr an Bedeutung. Das ist auch an den in den letzten Jahren stark wachsenden Markt der Start-ups, welche sehr sinnorientiert und mit einer gemeinsamen Vision arbeiten, zu sehen.  Auch wenn man in die Generation hinein horcht, dann hört man häufig von dem Wunsch nach 60 Prozent-Stellen, um sich danach sinnvollen, ehrenamtlichen Tätigkeiten oder seiner Leidenschaft (Kunst, Musik, Reisen, etc.) zu widmen. Wenn sie das dann noch mit einem Job mit „gutem“ Gefühl kombinieren können – Jackpot. Darüber hinaus wird mit dieser Generation Nachhaltigkeit immer mehr ein Thema und gewinnt Einzug in unseren Alltag. Der Wunsch etwas Gutes zu tun, egal ob im sozialen Bereich oder in der Umwelt, ist immer präsenter, obwohl wir dies nicht nur für unser Karma tun. Aber uns sind die Auswirkungen unseres Handelns sehr wichtig und erst Karma macht auf dieses Ursache-Wirkung-Prinzip seit Generationen aufmerksam. Also wieder eine Verbindung zum Buddhismus.

 

Natürlich möchte ich mit diesem Artikel nicht sagen, dass wir jetzt alle buddhistischen Werte übernehmen und alle anderen Werte wegwerfen sollen. Zudem heiße ich keine extremistischen Ausprägungen jeglicher Kultur gut. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass sich unsere Wertvorstellungen, aufgrund verschiedener Einwirkungen weiterentwickelt haben und weniger materielle sondern vielmehr spirituelle Tendenzen entwickeln. Da ich selbst kein Buddhist bin (und auch keine Werbung für Buddhismus machen möchte) freue ich mich über eure Anmerkungen, falls ich hier etwas falsch dargestellt habe oder ihr gerne eure Meinung dazu teilen wollt :)